Jahre später fand ich während eines Dienstes beim Bücherflohmarkt in der Schule ein Buch. Ich blätterte und las ein wenig hinein. Und da stand es: “Zieh deine Schuhe aus! Du stehst auf heiligem Boden.” – eine Stelle aus der Bibel am brennenden Dornbusch (2. Mose 3,5) Ich kannte diese Stelle nicht bzw. hatte ich sie nicht mehr mit dem Wortlaut in Erinnerung. Mit Interesse las ich natürlich die Interpretation dieses Satzes. Was es bedeutet, wenn wir die Schuhe ausziehen und einen Ort barfuß betreten. David Steindl-Rast schreibt in seinem Buch “Die Achtsamkeit des Herzens“ darüber, wie wir lebendig dastehen, ohne etwas Totes (die Schuhe) zwischen uns und der Erde. Die Schuhe abzustreifen setzt er damit gleich, eine Gewohnheit abzustreifen, wach zu werden für den Ort, wo wir stehen. Und dann zu erkennen, dass wir überall auf heiligem Boden stehen, wo wir die Schuhe ausziehen. Dass überall der heilige Raum ist. Zwischen Töpfen und Pfannen, draussen und drinnen.
“Zieht eure Schuhe aus und erkennt, dass ihr auf heiligem Boden steht; allerorten ist Gottes Tempel.” (S.28)
Er sagt weiter: “Jeder Ort ist heiliger Boden, denn jeder Ort kann Stätte der Begegnung werden, der Begegnung mit göttlicher Gegenwart. Sobald wir die Schuhe des Daran-Gewöhnt-Seins ausziehen und zum leben erwachen, erkennen wir: Wenn nicht hier, wo sonst? Wann, wenn nicht jetzt?”
Damit bekommt der Satz eine neue und ergänzende Bedeutung. Ein weiteres Puzzlestück.
Dieser Satz, Zieh die Schuhe aus!, kommt oft als Antwort, wenn ich im Gebet nach dem nächsten Schritt frage. Oft ist er mir zu unkonkret, dann werde ich ungeduldig.
Und genau dann ist es wohl an der Zeit, die Schuhe auszuziehen und in Kontakt zu sein.